Bankettsystem – der Herr der Teller

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Noch mehr Know-how in Sachen Bankettsystem hat wohl kein anderer Koch: Seit 20 Jahren finished Küchendirektor Peter Griebel bei Großveranstaltungen im Hotel Estrel Berlin vorproduzierte und auf Tellern angerichtete Speisen. Ein Rückblick mit wertvollen Praxistipps.

Als Peter Griebel Mitte der 90er Jahre die Küchenleitung des Estrel in Berlin übernahm, war von Banketts mit mehreren 1.000 Gästen noch keine Rede. Im Gegenteil: Ursprünglich war geplant, größere Veranstaltung im Hotel ausschließlich über Büfetts abzudecken. Entsprechend klein war die Küche ausgelegt. „Bei größeren Büfetts sollte ich das Essen sogar extern einkaufen“, erinnert sich Peter Griebel, „doch das hat von Anfang an nicht funktioniert, weil die Mengen und die Qualität nicht stimmten.“

Da er als Küchenchef nicht die Mütze dafür hinhalten wollte, suchte er schon sehr früh nach Alternativen.
Zur Bewältigung der Aufgabe wurden Heißluftdämpfer mit einer Regenerierfunktion angeschafft.

Dann kam der erste große Knall: BMW hatte im Estrel eine Großveranstaltung mit 500 Gästen angefragt, allerdings unter der Voraussetzung, dass im Atrium des Hotels ein Drei-Gang-Menü serviert wird. Dabei kamen dann die Heißluftdämpfer zum Einsatz.

Die BMW-Veranstaltung ging halbwegs ordentlich über die Bühne, doch richtig zufrieden war Peter Griebel mit dem Ergebnis – seinerzeit Kalbsrückensteak mit Beilagen – nicht. Als das Estrel Ende 1995 seinen Bankettbereich für Veranstaltungen bis 1.000 Gäste erweiterte, wurden die Heißluftdämpfer durch zwei Kombidämpfer aus dem Hause Rational ersetzt.

Auf der Internorga 1996 entdeckte Peter Griebel dann am Rational-Stand die Hordengestellwagen für die Tellerregeneration. Erneut wurde die Technik komplett ausgetauscht, bald standen vier Geräte von Rational in Peter Griebels Küche. Dadurch waren er und sein Team in der Lage, für bis zu 1.200 Gäste zu kochen. „Damals konnten wir allerdings nur eine beschränkte Anzahl von Gerichten regenerieren“, sagt Peter Griebel, „wir waren – ehrlich gesagt – auch nicht besonders experimentierfreudig, da wir lieber auf Nummer Sicher gegangen sind.“

Heute ist das Estrel-Team in der Lage, innerhalb von nur 20 Minuten Servicezeit Veranstaltungen mit bis zu 6.000 Gästen mit gesetzten Tellern perfekt zu stemmen. Benötigt werden dafür 20 Stationen mit einem Heißluftdämpfer für je 300 Teller. Als ideal für die Regeneration hat Peter Griebel eine Vorheizzeit von 210°C mit einer Luftfeuchtigkeit von 60 Prozent definiert. Während der Regenerationsphase (sechs Minuten) wird die Temperatur auf 143°C heruntergefahren, um die Komponenten optimal zu finishen. In den letzten zwei Minuten der Regenerationsphase wird die Temperatur erneut erhöht, um das Gerät für den nächsten Durchgang wieder auf 210°C zu bringen. „Die exakte Luftfeuchtigkeit ist entscheidend fürs perfekte Erhitzen der auf dem Teller arrangierten Menükomponenten“, betont Peter Griebel. „Wenn das Fleisch am Ende rosa sein soll, muss es auch rosa auf den Teller kommen, denn beim Finishing erfolgt keine Garung mehr.“

Der Ablauf bei einem 300er-Raster sieht folgendermaßen aus:
Phase 1: Vorbereitung
Bevor der Service mit der Tellerausgabe beginnt, werden im 6-Minuten-Takt jeweils dreimal 60 Teller pro Gerät regeneriert (Zeitbedarf: rund 20 Minuten). Diese ersten drei Chargen werden bis zum Servicestart mit Thermohauben über den Hordengestellwagen abgedeckt.
Phase 2: Servicestart
Die Thermohauben werden entfernt und die ersten Teller serviert. Gleichzeitig beginnt das Finishing der nächsten zwei Chargen, so dass nach weiteren 14 Minuten – mit Sicherheitspuffer – die restlichen 120 Teller servierfertig sind.

„Wenn der Oberkellner mit dem Service des Hauptgangs um 21 Uhr beginnen will, muss er ihn um 20.38 Uhr abrufen“, sagt Peter Griebel. „Das setzt eine perfekte Zusammenarbeit zwischen Service und Küche voraus.“ Bei Veranstaltungen ab rund 2.000 Essen kommunizieren die Teams über Funk, um den Hauptgang reibungslos ausgeben zu können. „Vor dem Hauptgang des Menüs sollte besser keine Rede oder Showeinlage mehr stattfinden“, sagt Peter Griebel, „sonst gibt es Probleme, die für den Service und die Küche zu einer echten Herausforderung werden könnten.“

Anfangs war Peter Griebel noch zuversichtlich, den Convenience-Anteil für die Zubereitung seiner Bankettspeisen durch die Zusammenarbeit mit handwerklich arbeitenden Herstellern auf bis zu 90 Prozent steigern zu können. Der Plan: Die Produktion von Soßen, Beilagen und auch Fleischkomponenten sollte größtenteils externe Convenience-Spezialisten übernehmen. Doch dafür in Frage kommende Unternehmen, sind inzwischen so stark gewachsen, dass sie beispielsweise eine Soße nach Griebel-Rezept erst ab einer Menge von 2.000 Litern produzieren

Daher hat sich Peter Griebel entschieden, den größten Teil der Menükomponenten wieder komplett „inhouse“ zu produzieren, und zwar im Cook & Chill-Verfahren. Natürlich setzt er dafür geputzte, vorgefertigte und vorportionierte Produkte (z.B. Fleisch, Fisch) ein, doch für die Zubereitung sind allein die Estrel-Köche zuständig. Für ein Cook & Chill-Produktion dieser Größenordnung benötigt die Küche entsprechend dimensionierte Anlagen (vor allem Schnell- und Schockkühler), um die benötigten Mengen beherrschen zu können. Zumindest theoretisch liegt die Haltbarkeit der Produkte bei 72 Stunden. Peter Griebel empfiehlt aus Qualitätsgründen allerdings einen Vorlauf von höchstens 50 bis 60 Stunden, also rund zwei Tage. Begonnen wird mit den eher unproblematischen Produkten wie Gemüse und Beilagen, während Fleisch, Geflügel oder Fisch zum Schluss zubereitet, gechillt und später auf Tellern angerichtet werden.

Bankett mit System:

1. Vorheiztemperatur des Heißluftdämpfers: 210°C

2. Luftfeuchtigkeit im Garinnenraum: 143°C

3. Regenerierzeit: 6 Minuten (davon in den letzten zwei Minuten das Gerät erneut auf 210°C aufheizen)

4. Produkte müssen fertig gegart sein, da beim Finishing keine Nachgarung mehr möglich ist

5. Bei Cook & Chill-Produktion: Vorproduktion von maximal 50 bis 60 Stunden (aus Qualitätsgründen)

6. Bei Cook & Chill-Produktion: Unproblematische Produkte wie Gemüse und andere Beilagen zuerst vorbereiten, Fleisch, Geflügel und Fisch zuletzt

7. Ausreichend Kapazitäten zum Chillen (Schockkühler) und Lagern (Tellerhordengestelle) vorhalten

8. Grundsätzlich mit Thermohauben arbeiten (bieten auch Schutz)

9. Perfekte Kommunikation und Abstimmung zwischen Küche und Service

10. Immer genug Servicemitarbeiter einplanen, damit die regenerierten Teller blitzschnell zum Gast kommen

11. Handschuhe bzw. Handservietten für Servicemitarbeiter bereitstellen (da die Teller sehr heiß werden)

Artikel entstand in Kooperation mit dem Magazin chefs!
www.chefs-magazin.de